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ClientEarth schließt sich ebenfalls dem Kampf gegen Datteln IV an

Die Umweltjuristinnen von ClientEarth setzen sich im Mammut-Verfahren gegen das Kohlekraftwerk Datteln IV für die Anwohner*innen ein. Sie geben sich nach der Inbetriebnahme des Steinkohleblocks und dem verabschiedeten Kohleausstiegsgesetz im August nicht geschlagen, denn dafür steht zu viel auf dem Spiel: Wegen der Lärm- und Schadstoffemissionen des Blocks ist die Gesundheit der Anwohner*innen in Gefahr.

Datteln IV, ein Projekt von Uniper, ging Ende Mai 2020 ans Netz – trotz beschlossenem Kohleausstieg. Der Steinkohleblock steht direkt neben einer Wohnsiedlung und in unmittelbarer Nähe der größten Kinderklinik im Kreis Recklinghausen.

8,4 Millionen Tonnen CO2 werden durch den Steinkohleblock pro Jahr in die Atmosphäre geblasen, über die Laufzeit gerechnet wären das trotz des Abschaltens aller anderen Uniper-Kohlekraftwerke 40 Millionen Tonnen. Gleichzeitig stößt er auch Schadstoffe wie Quecksilber, Arsen, Blei und Cadmium aus. Diese Stoffe gelangen über Luft und Wasser in die Natur und können zu zahlreichen gesundheitlichen Problemen wie Krebs, Gehirn- und Nervenschäden sowie Herzkreislauferkrankungen führen.

Die Sicherheit der Anwohner*innen ist zudem durch gesundheitsschädliche Keime wie Legionellen gefährdet. Aufgrund der eklatanten gesundheitlichen Gefahren, haben sich mehr als 50 Bürger*innen zur Interessengemeinschaft Meistersiedlung zusammengetan, um sich gegen das Kraftwerk Datteln IV zu wehren und die Kläger*innen zu unterstützen. Teil dieser Gruppe ist auch der langjährige Bewohner Dattelns Rainer Köster, der sich für die nachfolgenden Generationen, insbesondere für seine Kinder und Enkelkinder, einen lebenswerten Planeten wünscht.

„Der 180-Meter hohe Kühlturm, den ich von meinem Garten aus sehe, erinnert mich jeden Tag an die schädlichen Emissionen, sodass ich wegen der gesundheitlichen Bedenken nicht mehr mit meinen Enkelkindern Gemüse anpflanzen möchte“, so Köster. „Obwohl wir bisher vor Gericht nur gewonnen haben, ist Datteln IV in Betrieb gegangen. Wir fühlen uns von der Politik im Stich gelassen und machen uns Sorgen um unsere Zukunft.“

Die Umweltrechtsorganisation ClientEarth unterstützt die Anwohner*innen nun bei ihrem Kampf. Gleichzeitig klagt auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V. gegen den Steinkohleblock.

Doch Datteln IV ist nicht erst seit diesem Jahr ein Thema. Die Anwohner*innen und der BUND Landesverband NRW kämpfen bereits seit über 10 Jahren gegen den klimaschädlichen Klotz. Und das mit Erfolg: Vor Gericht konnte die Aufhebung der Genehmigungen und Pläne von Datteln IV erreicht werden. Trotzdem ging der Block ans Netz und ist zum Symbol für einen klimapolitisch katastrophalen Kohleausstieg geworden.

„Die Inbetriebnahme zeigt deutlich, dass die Politik sich weder am geltenden Recht noch an klimapolitischen Belangen, sondern an den Interessen der Kohlebetreiber orientiert. Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Zivilgesellschaft und das globale Klima”, sagt ClientEarth-Juristin Francesca Mascha Klein dazu.

Dabei wird Datteln IV für die Energieversorgung der Region gar nicht mehr benötigt. Vertragliche Hauptabnehmerin ist die Deutsche Bahn – die will den Kohlestrom aber gar nicht mehr haben, sondern lieber Vorreiterin in Sachen Ökostrom werden.

Jurist*innen und Expert*innen haben noch bis kurz vorher versucht, die Inbetriebnahme des Kraftwerks mit anderen Mitteln zu verhindern, etwa durch Appelle an den finnischen Mutterkonzern Fortum – der heute seine neue Strategie veröffentlicht hat, ohne jegliche Erwähnung eines früheren Abschaltungstermins für Datteln IV.

„Wir haben heute einen breiten gesellschaftlichen Konsens für die Notwendigkeit Treibhausgasemissionen zu senken und aus der Kohle auszusteigen. Außerdem geraten mit dem verabschiedeten Kohleausstiegsgesetz Bundes- und Landesregierung sowie Uniper und sein Mutterkonzern Fortum zunehmend unter Druck“, so Klein weiter. „Daher sehen wir heute bessere Chancen für den rechtlichen und politischen Kampf gegen Datteln IV. Der Weiterbetrieb würde sich nach einem erneuten Erfolg vor Gericht politisch nicht mehr rechtfertigen lassen.“

Hinweise für die Redaktion:

Bereits 2005 wurden die Planungen zum Bau des Steinkohlekraftwerks Datteln IV bekannt und es regte sich erster Widerstand. Auf die Klage von Anwohner*innen vor dem Oberverwaltungsgericht wurde der Bebauungsplan für das Kraftwerk aufgehoben. Der Eilantrag des BUND Landesverband NRW 2009 zum Stopp der bauvorbereitenden Arbeiten und Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Widerspruchs gegen die erste Teilgenehmigung und die Aufhebung des immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids 2012 hatten vor Gericht Erfolg. So wurde dem Steinkohleblock die rechtliche Grundlage entzogen.

Statt den Bau des Kraftwerks wie gerichtlich angewiesen zu stoppen, stellte die Stadt Datteln aber einen neuen Bebauungsplan auf und erteilte auf dessen Grundlage einen neuen Genehmigungsbescheid. Gegen alle neuen Pläne und Genehmigungen, über die noch nicht entschieden wurde, gehen die Anwohner*innen und der BUND Landesverband NRW weiter gerichtlich vor.

Das in finnischem Besitz befindliche Unternehmen Fortum hat erklärt, aus der Kohle auszusteigen, aber dennoch Uniper erworben. Die Investoren haben bereits öffentlich ihre Unzufriedenheit über Datteln IV zum Ausdruck gebracht. In einem gemeinsamen Brief heißt es: „Wir glauben, dass die Eröffnung der Anlage nicht mit einem ehrgeizigen Pfad zur Dekarbonisierung vereinbar ist und die Frist 2030 für den Ausstieg aus der Kohleverstromung in der OECD gefährdet, die erforderlich ist, um die Emissionen innerhalb des kritischen Kohlenstoffhaushalts von 1,5°C zu halten.“

Die finnische Umweltministerin Krista Mikkonen gab eine öffentliche Erklärung des Unmuts über die Übernahme des Datteln-IV-Projekts durch das staatliche Unternehmen Fortum ab. Sie twitterte (hier in Übersetzung): „Um des Klimas willen müssen wir uns von Kohlekraftwerken trennen, nicht neue eröffnen. Ich ermutige Fortum, aktiv nach einer Lösung zu suchen, um sicherzustellen, dass seine Tochtergesellschaft Uniper die Eröffnung des neuen Kohlekraftwerks Datteln zurückhält. Ich habe die deutschen Kohleausstiegspläne mit den Grünen diskutiert.“

Datteln IV bezieht seine Kohle hauptsächlich aus Russland, aber auch aus Kolumbien, was wiederum ernsthafte Menschenrechtsprobleme aufwirft.

Über ClientEarth

ClientEarth ist eine gemeinnützige Organisation, die das Recht nutzt, um Menschen und den Planeten zu schützen. Das Team besteht aus internationalen Anwält*innen, die sich mit praktischen Lösungsansätzen den größten Umweltherausforderungen in der Welt stellen. ClientEarth bekämpft den Klimawandel, schützt die Ozeane sowie die Tierwelt, stärkt den Waldschutz, macht Energieversorgung umweltfreundlicher, die Wirtschaft verantwortungsbewusster und drängt auf Transparenz bei politischen Entscheidungen. Die Organisation versteht dabei das Recht als Instrument für positive Veränderungen. ClientEarth arbeitet von den Büros in London, Brüssel, Warschau, Berlin und Peking aus an Gesetzen in unterschiedlichen Stadien, von der Entstehung bis hin zur Umsetzung. Werden diese Gesetze nicht eingehalten, zieht die Organisation auch vor Gericht, um sie durchzusetzen.