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Drei-Milliarden-Plastikprojekt von INEOS endlich vor Gericht

Die Anwält*innen von ClientEarth verklagen gemeinsam mit 14 anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen die flämischen Behörden, um das Kunststoffprojekt des Petrochemie-Riesen INEOS in Belgien zu blockieren. Seit vier Jahren stemmen wir uns gegen den Bau der größten Kunststofffabrik Europas im Antwerpener Hafen. Unser Ziel: Wir wollen die Kunststoffproduktion an der Wurzel packen und verhindern, dass noch mehr Plastik entsteht.

Diese Klage markiert den Höhepunkt eines langwierigen Rechtsstreits gegen INEOS' Project One. Ein Mammutprojekt mit einem Gesamtvolumen von 3 Milliarden Euro. Es droht, direkt neben einem Naturschutzgebiet zu entstehen, mit erheblichen Auswirkungen für Menschen und Umwelt auch über die unmittelbare Region hinaus.

INEOS hat es bisher versäumt, eine angemessene Bewertung der Auswirkungen des Projekts auf das Klima, die Natur und die Luftqualität in der Umgebung vorzulegen. Die flämischen Behörden dürfen das Projekt nicht genehmigen, ohne zuvor seine Auswirkungen vollständig zu bewerten – sonst ist die Genehmigung nach EU-Recht und nationalem Recht illegal.

Wir dürfen uns nicht täuschen lassen: Investitionen wie Project One sind der 'Plan B' der fossilen Brennstoffindustrie - die Verwendung von fossilem Gas zur Herstellung von Kunststoffen ist ein Versuch, die fossile Brennstoffindustrie am Leben zu erhalten. Dies wäre die größte Kunststoffentwicklung in Europa seit Jahrzehnten.
Tatiana Luján, Leitende Juristin bei ClientEarth

Das Problem mit Plastik

Kunststoffe sind eine Katastrophe für Mensch und Umwelt. Sie sind nicht nur wegen der entstehenden Abfälle besorgniserregend, sondern auch auf Grund des zunehmenden Schadens, den sie dem Klima und unserer Gesundheit zufügen. Schätzungen zufolge gelangen jährlich bis zu 167.000 Tonnen Kunststoffgranulat, auch bekannt als Nurdles, in die Umwelt. Damit sind Plastik-Granulate die zweitgrößte Quelle für primäre Mikroplastikverschmutzung in Europa.

Die Herstellung von 99 Prozent aller Kunststoffe erfolgt aus fossilen Brennstoffen. Dieser Prozess ist der Haupttreiber für petrochemische Produkte, die aus Öl und Gas gewonnen werden. Petrochemieunternehmen sind somit maßgeblich für die weltweite Nachfrage nach fossilen Brennstoffen verantwortlich, da sie diese hauptsächlich zur Herstellung von Kunststoffen verwenden.

Der Prozess der Gewinnung dieser fossilen Brennstoffe und ihrer Umwandlung in Kunststoffe verursacht in jeder Phase enorme Mengen an klimaschädlichen Emissionen. In einem Bericht von Material Economics zufolge würden selbst bei einer hohen Recyclingquote von 70 Prozent (im Vergleich zu den derzeitigen weniger als 10 Prozent) etwa zwei Drittel des Kohlenstoffs innerhalb von 15 Jahren als CO2 in die Atmosphäre gelangen.

Kunststoffe stellen auch eine ernsthafte Bedrohung für die Menschenrechte dar. Der Produktionsprozess ist giftig und betrifft in unverhältnismäßig hohem Ausmaß Minderheiten am Rande der Gesellschaft - ein Zeichen für den so genannten Umweltrassismus. In Louisiana in den USA wurde ein Gasraffineriezentrum aufgrund der hohen Krebsraten in den umliegenden Gemeinden tragischerweise als "Cancer Alley" bezeichnet. In vielen Ländern hängt die Entsorgung von Kunststoffabfällen auch von informellen Arbeitskräften ab, die gefährlichen Bedingungen ausgesetzt sind und keine grundlegenden Arbeitsrechte besitzen.

Aus diesem Grund ergreifen wir Maßnahmen, um den Bau dieser neuen Kunststoffanlage im Hafen von Antwerpen zu verhindern, Menschenrechte zu verteidigen und die Umwelt zu schützen.

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Big landfill with tons of plastic

Was steckt hinter INEOS?

Das Projekt Project One wurde von INEOS, einem Unternehmen der Petrochemie- und fossilen Brennstoffindustrie, ins Leben gerufen. Nach einigen Verzögerungen und einem Gerichtsurteil, das die Genehmigung aufhob, erhielt INEOS nun grünes Licht für das Projekt.

INEOS hat es bisher versäumt, eine angemessene Bewertung der Auswirkungen des Projekts auf das Klima, die Natur und die Luftqualität in der Umgebung vorzulegen. Bei einer Umsetzung des Projekts wären diese Auswirkungen erheblich:

→ Der Hafen von Antwerpen liegt in unmittelbarer Nähe eines Natura-2000-Gebiets, das von der EU zum Schutz von Lebensräumen und Wildtieren ausgewiesen wurde. Bereits jetzt dringt Plastik-Granulat aus den bestehenden Kunststoffanlagen im Hafen nach außen. Dieses lagert sich im Boden ab und kann flussabwärts getragen werden. Dadurch werden verschiedene Lebensräume beeinträchtigt und Vogelarten bedroht, die die eiförmigen Kügelchen fressen.

Die Auswirkungen der Stickstoffverschmutzung, die von Project One ausgehen würden, werden stark unterschätzt. Die Stickstoffwerte in Flandern liegen bereits weit über den empfohlenen sicheren Werten, was schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit der Menschen haben kann. Eine Umsetzung von Project One würde die Situation deutlich verschlimmern.

→ Die Auswirkungen des Projekts beschränken sich nicht nur auf Belgien. Aufgrund seiner Lage an der Landesgrenze würden sich die Umweltbeeinträchtigungen von Project One wahrscheinlich auch auf die Niederlande auswirken. Ein Bericht der Plastic Soup Foundation enthüllte bereits, dass die Westerschelde stark mit Plastik-Granulat verschmutzt ist, wovon viele Kügelchen von Herstellern aus Antwerpen stammen. Im Anschluss an den Bericht verabschiedete das niederländische Parlament einen Antrag zur Untersuchung der Verringerung der Plastik-Granulatverschmutzung in der Westerschelde sowie einen Antrag, "verbindliche Vereinbarungen" mit den flämischen Behörden zu treffen.

In unserer Klage argumentieren wir, dass die flämischen Behörden das Projekt genehmigt haben, ohne zuvor seine Auswirkungen vollständig zu bewerten – damit ist die Genehmigung nach EU-Recht und nationalem Recht illegal.

Was passiert jetzt?

Wir haben den Bau bereits erfolgreich um mehrere Jahre verzögert und wir werden damit nicht aufhören.

Da die Behörden es versäumt haben, die unvermeidlichen Auswirkungen von Project One anzuerkennen oder es mittragen, bleibt uns keine andere Wahl, als das Projekt vor Gericht zu bringen und seine Genehmigung ein für alle Mal aufzuheben.

Die Geschichte des Projekts bis heute

2020: INEOS plant die Abholzung eines Waldes für den Bau der größten Kunststoffanlage Europas.

Im Jahr 2020 reichten wir zusammen mit 13 Nichtregierungsorganisationen eine Eilklage gegen die flämischen Behörden ein, um den Bau von Project One zu verhindern. Das Projekt sollte ursprünglich aus zwei Anlagen bestehen, die neben einem Naturschutzgebiet fossiles Gas aus den USA in Ethylen und Propylen umwandeln sollten, zwei Bausteine von Kunststoff. Das Gericht entschied, dass die Umweltauswirkungen des Projekts nicht ausreichend untersucht wurden. Wir legten Berufung gegen die Genehmigung des Projekts ein und wiesen auf Verstöße gegen EU- und nationales Recht hin.

2021: INEOS gibt ursprünglichen Plan auf - und erhält eine neue Baugenehmigung

Im Januar 2021 gab INEOS bekannt, dass die Pläne für eine der Anlagen auf unbestimmte Zeit ausgesetzt würden, da die Nachfrage nach Propylen stark zurückgegangen sei. Später beschloss INEOS, das Projekt ganz fallen zu lassen. Später im selben Jahr beantragte INEOS eine neue Genehmigung, die die Umweltauswirkungen des Projekts vollständig berücksichtigen sollte. Wir erhoben Einspruch und argumentierten, dass INEOS nicht ausreichend nachgewiesen hat, wie sich das Projekt auf Klima, Natur und Luftqualität auswirken würde.

2022-2023: Historischer Sieg gegen das Kunststoffprojekt von INEOS

Nach einer Klage gegen die flämischen Behörden fand im April 2023 eine Anhörung statt. Das Gericht entschied, dass das Projekt von INEOS nicht rechtmäßig war und die Genehmigung aufgehoben wurde.

2023-2024: INEOS erhält eine neue Baugenehmigung

Nach dem Gerichtsurteil reichte INEOS erneut einen Genehmigungsantrag ein und erhielt die Genehmigung, das Kunststoffprojekt fortzusetzen. Im Februar 2024 haben wir die Genehmigung angefochten, da INEOS erneut nicht ausreichend die Auswirkungen des Projekts auf Mensch, Natur und Klima dargelegt hat. Wir argumentieren, dass die Genehmigung sowohl nach EU- als auch nach nationalem Recht rechtswidrig ist, da keine vollständige Bewertung der Auswirkungen vorgenommen wurde.

Zitat unserer Juristin Tatiana Luján zur Klage gegen INEOS