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Eilantrag zum Kohleausstieg geht in die nächste Runde: Bundesregierung hat Grundlagenarbeit zur Ermittlung der Entschädigungshöhe noch nicht abgeschlossen

Am Freitag geht das umstrittene Kohlegesetz im Bundestag in die letzte Runde, obwohl immer noch nicht klar ist, auf welche Grundlagen sich das Gesetz und vor allem die Entschädigungen stützen. Damit steht die Entscheidung, ob die Kohlekonzerne RWE und LEAG tatsächlich insgesamt 4,35 Milliarden an Steuergeldern bekommen, unmittelbar bevor – ohne dass klar ist, wofür dieses Geld überhaupt gezahlt werden soll.

Wegen der Dringlichkeit dieser Frage haben die Umweltrechtsorganisation ClientEarth und das Transparenzportal FragDenStaat auf Basis des Umweltinformationsgesetzes (UIG) einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht. Sie wollen im Schnellverfahren die Bundesregierung verpflichten, Transparenz über die Hintergründe des Gesetzes herzustellen bevor es zu spät ist. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag allerdings am Dienstag ohne vertiefte Prüfung ab. Deswegen gehen die Organisationen nun mit einer Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in die nächste Runde.

Der Grund dafür, dass das Verfahren weiterverfolgt wird, liegt auch an den mittlerweile gewonnenen Erkenntnissen: Denn das Bundeswirtschaftsministerium scheint die Grundlagenarbeit zur Frage, wofür die Milliardenzahlungen fließen sollen, noch nicht abgeschlossen zu haben. Dies geht aus dem Schriftsatz hervor, den das Ministerium im Zuge des Eilverfahrens an das Verwaltungsgericht vorgelegt hat. Demnach ist ein Gutachten zur Berechnung der Rekultivierungskosten der Braunkohletagebaue noch nicht abgeschlossen. Nach Ansicht des Ministeriums ist dies aber auch nicht weiter tragisch, da das Gutachten nicht tragend für das Kohlegesetz sei. Dies verwundert aus drei Gründen:

Erstens stellt sich die Frage, wie die Bundesregierung – wenn nicht auf Grundlage von unabhängigen und fertiggestellten Gutachten – eine Verhandlungsposition zum Thema Entschädigungen bilden konnte. Eine eigene Verhandlungsposition muss in dem Prozess der Verhandlung um den Braunkohleausstieg jedoch gefunden worden sein. Jedenfalls ist diese Mindestanforderung zu stellen, um entsprechenden Entschädigungsforderungen von Seiten der Betreiber substantiell etwas entgegenzuhalten.

Zweitens widerspricht der Hinweis des Ministeriums, dass die Entschädigungsleistungen das Ergebnis einer einvernehmlichen Lösung “aller Akteure” sei (darunter versteht das Wirtschaftsministerium Unternehmen und Politik, jedoch nicht die Zivilgesellschaft), der ursprünglich vertretenen formelbasierten Herangehensweise an Entschädigungen. Vielmehr spricht die Aussage des Ministeriums dafür, dass es eine formelbasierte Berechnung der Entschädigungen nicht gibt und es sich tatsächlich um Milliardengeschenke auf Kosten der Steuerzahler*innen handelt. Wichtig ist hierbei, dass nur das erforderliche Minimum an Entschädigungen verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. ClientEarth und andere hatte bereits in der Vergangenheit kritisiert, dass die Entschädigungen zu hoch angesetzt sind. Ein neues Gutachten des Öko-Instituts vom 29. Juni  bestätigt dies – demnach sind die Entschädigungen um 2 Mrd. Euro zu hoch.

Drittens zeigt ein Blick auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen Regierung und Kraftwerksbetreibern, dass die Rekultivierungskosten sehr wohl tragend für die erzielte Einigung gewesen sein dürften. Sehr ausführlich und mit einem Schwerpunkt auf diese Frage regelt der Vertrag die Frage der Verwendung der Entschädigung zur Deckung der Tagebaufolgekosten. Dies zeigt, dass hierfür der größte Teil der Entschädigungen fließen soll. Es drängt sich aber auch die Frage auf, wie der Vertrag überhaupt aufgesetzt und durch das Bundeskabinett gehen konnten, wenn Grundlagengutachten überhaupt noch nicht abgeschlossen wurden.

Insgesamt spricht viel dafür, dass hier politisch ein Ergebnis erzielt werden sollte, dass sachlich nicht gerechtfertigt werden kann. Genau aus diesem Grund haben ClientEarth und FragDenStaat den Informationsantrag gestellt, ein Eilverfahren begonnen und gegen die nicht nachvollziehbare Entscheidung des Verwaltungsgerichts gegen eine Offenlegung der Dokumente Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.