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Gericht winkt Gaspipeline EUGAL durch: Klimaschutz wird ignoriert

Berlin | Der Journalist und Landbesitzer Malte Heynen stand gestern gegen das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg vor Gericht, um den Bau der EUGAL-Gaspipeline zu stoppen, die Verlängerung der Nordstream 2 – Pipeline von Russland durch die Ostsee. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wies die Klage jedoch ab: Die Pipeline kann in Betrieb genommen werden, auch wenn ihre Notwendigkeit nicht unabhängig geprüft wurde und keine rechtlich verbindliche Bewertung ihrer Auswirkungen auf das Klima stattgefunden hat.

Heynen hatte versucht, den Bau der Gaspipeline über seinem Grundstück zu stoppen. Grundlage der Klage war, dass die Behörden den Bau einzig auf Basis von solchen Prognosen zur Gasnachfrage genehmigt hatten, die von der Gasindustrie selbst erstellt wurden. Darüber hinaus wurden die Auswirkungen des Projekts im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung auf das Klima nicht ausgewertet und demnach auch nicht in die Entscheidung einbezogen.

Malte Heynen wurde dabei von der Umweltrechtsorganisation ClientEarth unterstützt. Er sagt: "Mit diesem Fall will ich meinen persönlichen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten. Wir befinden uns in einer paradoxen Situation, in der Europa eine existenzielle Klimakrise zwar anerkennt, aber gleichzeitig ein transkontinentales Projekt zur Förderung fossiler Brennstoffe von Landesbehörden durchgewinkt wird."

Doch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wies die Klage des Berliner Journalisten ab – die Erdgas-Pipeline EUGAL kann in Betrieb genommen werden.

Für Malte Heynen ist das Urteil ernüchternd: „Ich hatte gehofft, dass das Gericht die Macht der Gaslobby begrenzt. Diese Macht hat erschreckende Ausmaße angenommen: Die Gasindustrie schreibt sich selbst die Prognosen zum zukünftigen Gasbedarf in Europa – und schafft sich damit die Begründung für einen massiven Ausbau des Pipeline-Netzes. Mit Milliardeninvestitionen wird die fossile Technik von gestern weiter ausgebaut – so werden wir für Jahrzehnte darauf festgelegt, weiter riesige Mengen Gas zu verbrauchen. Das ist ein Skandal und gefährdet nicht nur die deutschen Klimaziele, sondern vor allem auch das Weltklima.”

Prof. Dr. Hermann Ott, Leiter des Deutschlandbüros von ClientEarth, ist sich sicher: "Das gestrige Urteil sendet ein völlig falsches Signal. Nord Stream 2 ist politisch, ökologisch und wirtschaftlich ein falsches Projekt. Das Europäische Parlament hat dies bereits klargestellt und es sogar als Bedrohung für die Energiesicherheit und nicht als deren Rettung bezeichnet. Zudem machen sich Deutschland und ganz Europa damit weiter abhängig von Energieimporten. Es ist mehr als bedenklich, dass ein deutsches Gericht nun urteilt, dass die Gaslobby allein darüber entscheiden darf, ob wir weitere Gaspipelines in Europa benötigen und dabei die negativen Folgen für Natur, Tierwelt und Klima komplett außer Acht lässt."

Schon seit der Ankündigung von Nord Stream 2 wurde die unzureichende Folgenabschätzung für Umwelt und Klima immer wieder kritisiert. Das polnische Team von ClientEarth hat das Projekt in den letzten Jahren bereits zweimal deshalb angefochten. Die Behörden in Schweden und Finnland hatten die schädlichen Auswirkungen der Detonation von Sprengstoff aus dem Zweiten Weltkrieg auf die Meerestiere jedoch nicht anerkannt.

“Angesichts des Klimanotstands müssen die klimaschädlichen Auswirkungen solcher Projekte in alle Planungsschritte einbezogen werden. Ganz Europa muss schnell auf erneuerbare Energien umsteigen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Unternehmen unsere Energiezukunft unhinterfragt diktieren", so Ott.

Malte Heynen wird nun die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und dann über die weiteren Schritte entscheiden: "Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Diese Pipeline ist eine Katastrophe für das Klima, und ich werde alle mir zur Verfügung stehenden Mittel ergreifen, damit die Behörden dies anerkennen."

Hinweise an die Redaktion

Mit der Klage, die am gestrigen Donnerstag, den 12. März 2020, verhandelt worden ist, wollte Heynen den Bau der Gaspipeline über sein Grundstück stoppen. Sie ist wesentlicher Bestandteil des umstrittenen Nord Stream 2-Projekts, mit dem Gas aus Russland durch die Ostsee nach Westeuropa transportiert werden soll und könnte zu einer jahrzehntelangen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen in ganz Europa führen – und so den außer Kontrolle geratenen Klimawandel weiter vorantreiben.

Herr Heynen wurde in diesem Fall von Rechtsanwalt Thorsten Deppner vertreten. Die gerichtlichen Dokumente sind auf Anfrage erhältlich.

Das Europäische Parlament hegt seit 2016 Zweifel an dem Projekt, die auf Auswirkungen auf die Energiesicherheit der EU hinweisen.

Die EUGAL-Pipeline würde von Lubmin an der Ostsee nach Deutschneudorf an der tschechischen Grenze verlaufen – insgesamt fast 500 km lang. Es würden jedes Jahr 55 Milliarden Kubikmeter Gas transportiert, was mindestens 100 Millionen Tonnen CO2 entspricht.

Deutschland wird derzeit heftig kritisiert, weil es Projekte für fossile Brennstoffe genehmigt, die die Räumung von Häusern und Ackerland bedeuten. ClientEarth unterstützt auch die Kampagne Menschenrecht vor Bergrecht, eine Gruppe von Tagebauanwohner*innen, die bereit sind, gegen die Erweiterung des Tagebaus Garzweiler vor Gericht zu ziehen.

Kontakt

Lea Thin, Presse & Öffentlichkeitsarbeit – ClientEarth +49 1520 4513101 | presse@clientearth.org

Malte Heynen, Kläger – +44 (0)1577 157 0044 | heynen@posteo.de