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ClientEarth

22. März 2023

Luftverschmutzung

Umweltbelastung durch Dieselfahrzeuge: Aufsichtsbehörden in drei Ländern zum Durchgreifen aufgefordert

Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen haben wir rechtliche Beschwerden bei den britischen, französischen und deutschen Aufsichtsbehörden eingereicht. Sie haben es versäumt gegen die übermäßige Umweltbelastung durch Dieselfahrzeuge vorzugehen. Trotz ausreichender Hinweise auf Millionen von PKWs die unsere Luft verschmutzen, haben die Regierungen in der gesamten EU und in Großbritannien versäumt, wirksame Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit zu ergreifen und die Autohersteller zur Rechenschaft zu ziehen.

Was ist Dieselgate und was ist seit dem Skandal passiert?

Der Dieselgate-Skandal wurde 2015 aufgedeckt, als bekannt wurde, dass Millionen von Volkswagen-Dieselfahrzeugen mit einer Abschalteinrichtung für Tests ausgestattet waren.

Diese Abschalteinrichtungen beeinflussen die Funktionsweise des Emissionskontrollsystems eines Motors, indem sie es außerhalb der Testbedingungen abschalten oder seine Wirksamkeit verringern. Dies bedeutet, dass Fahrzeuge mit Abschalteinrichtungen Schadstoffe in einem Maße ausstoßen können, das weit über den gesetzlichen Grenzwerten liegt. Dies hat nicht nur negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, sondern auch für die Käufer*innen der Fahrzeuge.

Seitdem haben offizielle Testprogramme gezeigt, dass hunderte weiterer Fahrzeugmodelle fast aller großen Automobilhersteller unter tatsächlichen Bedingungen extrem hohe Schadstoffwerte ausstoßen.

Der Europäische Gerichtshof hat mit einer Reihe von Urteilen klargestellt, dass die Verwendung von Abschalteinrichtungen – bis auf sehr wenige Ausnahmen – illegal ist. Trotzdem haben die Regierungen in der EU und im Vereinigten Königreich kaum etwas unternommen, um das Problem das durch Dieselgate ans Licht kam, in seinem ganzen Ausmaß zu beheben. In vielen Fällen wurden die Autohersteller weder zur Verantwortung gezogen noch dazu angehalten, wirksame Lösungen zu finden.

Stattdessen mussten Verbraucher*innen auf dem Rechtsweg für finanzielle Entschädigung kämpfen. Die übermäßig umweltschädlichen Fahrzeuge sind weiterhin auf unseren Straßen unterwegs.

Im starken Kontrast dazu stehen die USA. Dort musste Volkswagen Fahrzeuge zurückzukaufen oder wirksame Abhilfemaßnahmen anbieten. Außerdem zahlte das Unternehmen fast 3 Milliarden US-Dollar in einen Treuhandfonds ein, um die US-Bundesstaaten bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Verringerung der Umweltverschmutzung durch den Straßenverkehr zu unterstützen.

Wie wirkt sich das auf die menschliche Gesundheit aus?

Die durch solche Diesel-PKWs verursachte Luftverschmutzung hat verheerende Auswirkungen auf menschliche Gesundheit und Lebensqualität – sie verkürzt auch Leben. Luftverschmutzung beeinflusst Herzinfarkten und Schlaganfälle, kann das Lungenwachstum bei Kindern hemmen, Atemwegserkrankungen verschlimmern und das Risiko von Krankenhausaufenthalten erhöhen. Außerdem verursacht Luftverschmutzung Krebs und Verbindungen zu anderen Krankheiten wie Demenz werden immer deutlicher.

Der Straßenverkehr ist eine der Hauptursachen für giftige Luft in vielen Städten Europas – Dieselfahrzeuge spielen dabei eine besonders negative Rolle. In Deutschland wird jährlich der vorzeitige Tod von 27.700 Menschen mit der Belastung der Atemluft durch den Dieselabgasgift Stickstoffdioxid in Verbindung gebracht. Diese ist vor allem in Städten vornehmlich auf den Straßenverkehr zurückzuführen. EU-weit sind es sogar 136.000 Menschen. Trotz dieser erschreckenden Zahlen verweigert das in Deutschland zuständige Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) eine effektive Marktüberwachung.

Über sieben Jahre nach dem ersten Dieselgate-Skandal ist es höchste Zeit, dass die Behörden dieses schmutzige Erbe endlich aufarbeiten. Verbraucher*innen und die Menschen, die unter den Folgen der Luftverschmutzung leiden, müssen wieder darauf vertrauen können, dass der Staat ihre Interessen schützt und die Autohersteller nicht länger ungeschoren davonkommen lässt.

Katie Nield

Juristin, ClientEarth

Worum geht es bei unseren Beschwerden?

Ein neuer Bericht des International Council on Clean Transportation (ICCT) zeigt, dass Abschalteinrichtungen weiterhin im großen Stil eingesetzt werden. Die umfassende Analyse bestehender behördlicher Tests im Labor sowie auf der Straße legt nahe, dass bei über 200 Fahrzeugmodellen fast aller großen Herstellergruppen überhöhte Emissionen gemeldet wurden. 77 Prozent der offiziellen Untersuchungen weisen „verdächtige“ Stickoxid-Emissionen auf, was auf eine wahrscheinliche Verwendung von illegalen Abschalteinrichtungen hinweist. Bei mindestens 40 Prozent der offiziellen Tests wurden sogar „extreme“ Emissionen nachgewiesen, was laut ICCT den Schluss zulässt, dass mit „ziemlicher Sicherheit“ von einer illegalen Manipulation der Abgasnachbehandlung auszugehen ist.

Es handelt sich um schätzungsweise 19 Millionen betroffene Fahrzeuge in der EU und im Vereinigten Königreich. Aber trotz dieser zahlreichen Hinweise auf illegale Abschalteinrichtungen und trotz der Urteile des Europäischen Gerichtshofes sind weder das KBA noch andere europäische Marktüberwachungsbehörden aktiv geworden.

Angesichts des Ausmaßes des Problems, der Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und der Untätigkeit von Regierungen, Behörden und Automobilherstellern haben wir beschlossen zu handeln – gemeinsam mit France Nature Environnement und CLCV (Consommation, Logement, Cadre de Vie) in Frankreich und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in Deutschland.

In unseren Beschwerden fordern wir die nationalen Aufsichtsbehörden auf, diese Beweise nicht länger zu ignorieren und sicherzustellen, dass die Industrie als Ganzes handelt.

ClientEarth-Juristin Katie Nield sagt: "Über sieben Jahre nach dem ersten Dieselgate-Skandal ist es höchste Zeit, dass die Behörden dieses schmutzige Erbe endlich aufarbeiten. Verbraucher*innen und die Menschen, die unter den Folgen der Luftverschmutzung leiden, müssen wieder darauf vertrauen können, dass der Staat ihre Interessen schützt und die Autohersteller nicht länger ungeschoren davonkommen lässt."

In Deutschland muss das KBA nun von den Herstellern amtliche Rückrufe für alle betroffenen Fahrzeuge veranlassen, die beispielsweise bei Temperaturen unter + 10°C oder bei anderen typischen Fahrsituationen dauerhaft die ordnungsgemäße Abgasreinigung deaktivieren. Dies umfasst auch Fahrzeuge, die in anderen EU-Staaten typgenehmigt wurden.

Bei all den Belastungen, denen Verbraucher*innen im Zuge der Energiekrise und der Inflation derzeit ausgesetzt sind, ist es wichtiger denn je, dass die Regierungen sicherstellen, dass Autohersteller vollumfänglich für die Kosten aufkommen, die durch Umrüstung bzw. Rückruf der übermäßig umweltschädlichen Fahrzeuge entstehen.

Hermann Ott

Leiter des deutschen Büros von ClientEarth

Was sollten Regierungen und Automobilhersteller tun?

Nach geltendem EU-Recht müssen nationale Behörden die Angelegenheit aktiv untersuchen und die Hersteller dazu bringen, Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, wenn der Einsatz illegaler Abschalteinrichtungen festgestellt wird.

In der Praxis bedeutet dies, dass Rückrufe und Nachrüstungen durchgeführt werden müssen, um Abschalteinrichtungen endgültig aus Autos und Lieferwagen zu entfernen. Die Vorschriften besagen auch eindeutig, dass die Fahrzeughalter*innen nicht für die Kosten von Rückrufaktionen aufkommen müssen.

Hermann Ott, Leiter des deutschen Büros von ClientEarth betont: "Bei all den Belastungen, denen Verbraucher*innen im Zuge der Energiekrise und der Inflation derzeit ausgesetzt sind, ist es wichtiger denn je, dass die Regierungen sicherstellen, dass Autohersteller vollumfänglich für die Kosten aufkommen, die durch Umrüstung bzw. Rückruf der übermäßig umweltschädlichen Fahrzeuge entstehen.“

Darüber hinaus fordert ClientEarth, dass die Autohersteller angesichts der anhaltenden Folgen von Dieselgate in einen speziellen Sanierungsfonds einzahlen, der von den nationalen Regierungen zur Verringerung der Umweltverschmutzung durch den Straßenverkehr genutzt werden soll. Das Geld könnte zur Finanzierung folgender Maßnahmen verwendet werden:

Sollten das KBA und die Aufsichtsbehörden in Frankreich sowie Großbritannien ihren rechtlichen Verpflichtungen in dieser Angelegenheit nicht schnell genug nachkommen, behalten sich ClientEarth und die Partnerorganisationen die Möglichkeit vor, Klagen bei den jeweiligen nationalen Gerichten einzureichen.