Pressemitteilung:

10. Juni 2025

ClientEarth kritisiert Berichterstattung zu EU-Förderung für NGOs 

Am letzten Wochenende veröffentlichte die Welt am Sonntag einen Bericht zur finanziellen Förderung, die zivilgesellschaftliche Organisationen wie ClientEarth von der Europäischen Union erhalten. Inhalt und Ton des Artikels zielen darauf, die demokratische Legitimität dieser Förderung zu unterminieren.  

Bereits im letzten Jahr hat Politico in einem Artikel dargestellt, warum diese Argumentation falsch ist. 

Die Berichterstattung der Welt am Sonntag, die von anderen Medien aufgenommen wurde, vermittelt ein falsches Bild davon, wie Fördervereinbarungen zwischen der EU-Kommission und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) entstehen und was sie bedeuten. Dadurch entsteht der fälschliche Eindruck, dass nicht NGOs selbst, sondern die EU-Kommission darüber entscheide, welche Aktivitäten NGOs mit welchem Ziel verfolgen.  

Zwar erhalten ClientEarth und andere gemeinnützige Organisationen finanzielle Förderung aus dem “EU LIFE”-Programm – die EU-Kommission schreibt ihnen jedoch weder Arbeitsprogramme vor, noch gibt sie vor, welche Haltung Organisationen zu bestimmten Themen einnehmen sollen. Die EU fördert also umweltbezogene Aktivitäten, die von gemeinnützigen Organisationen selbst geplant und entwickelt werden.  

Die LIFE-Förderung, die ClientEarth für seine Arbeit in Deutschland erhält, leistet einen Beitrag zu den Personal- und Betriebskosten von ClientEarth in Deutschland. Eine vollständige Liste der Empfänger von LIFE-Förderung sowie die Kriterien, die sie erfüllen müssen, sind auf der Website der Kommission veröffentlicht. 

Als Reaktion auf den Artikel erklärt Dr. Christiane Gerstetter, Geschäftsführerin von ClientEarth in Deutschland:  

“ClientEarth ist eine gemeinnützige Umweltrechtsorganisation, die sich dafür einsetzt, dass Gesetze zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt eingehalten werden. ClientEarth entscheidet selbst über seine Schwerpunkte und Aktivitäten und erhält dankenswerterweise finanzielle Förderung und Spenden, um diese Arbeit umzusetzen. ClientEarth ist als gemeinnützig anerkannt, da wir im Interesse der Allgemeinheit für den Umweltschutz arbeiten.  

Die Ausgaben der EU-Kommission für zivilgesellschaftliche Organisationen aus dem LIFE-Programm stellen 0,006% ihres Gesamtbudgets dar. NGOs wie wir setzen sich für eine gesunde Umwelt und damit die Rechte aller Menschen in der EU ein. Die LIFE-Finanzierung trägt dazu bei, das demokratische System zu schützen und ermöglicht zivilgesellschaftlichen Organisationen, ein Gegengewicht zur Lobby-Macht von Konzernen zu bilden.  

Wir begrüßen Kontrolle und Klarheit und verpflichten uns zu Transparenz – denn das ist für die Demokratie unerlässlich. Desinformation lehnen wir hingegen ab.”  

Im Dezember 2024 berichteten deutsche Medien über das Thema und verwendeten dabei auch den Begriff: „geheime Verträge”. Dies ist irreführend: Bei den genannten Verträgen handelt es sich um Fördervereinbarungen, die es offiziellen Stellen ermöglichen, Mittel auszuzahlen. Solche Fördervereinbarungen werden für gewöhnlich nicht veröffentlicht; dies gilt beispielsweise auch, wenn öffentliche Gelder an Unternehmen ausgezahlt werden. ClientEarth berichtet aber wie viele andere zivilgesellschaftliche Organisationen transparent über seine Finanzierungsquellen.     

Die Weitergabe von Informationen zu LIFE-Fördervereinbarungen an die Presse ist der jüngste in einer Reihe von Versuchen, das Vertrauen in die Arbeit von ClientEarth und anderen Umweltorganisationen zu untergraben. Das letztendliche Ziel ist es, zivilgesellschaftliche Organisationen zu diskreditieren und Umweltgesetze in der gesamten EU zu schwächen.  

Anaïs Berthier, Leiterin der EU-Arbeit von ClientEarth, sagte: Zivilgesellschaftliche Organisationen wie wir spielen eine entscheidende Rolle in der europäischen Demokratie.  Die Industrielobby ist eine unglaublich gut finanzierte Macht in Brüssel, deren Hauptinteresse darin besteht, sicherzustellen, dass Gesetze so günstig wie möglich für Unternehmen sind – und nicht die Gesundheit oder Rechte der Menschen zu schützen. Wir hingegen sind Expert*innen für Gesundheit, Ökosysteme und Klimawandel, und unsere Aufgabe ist es, dieses Fachwissen zum Schutz der Umwelt und zur Gewährleistung der Grundrechte der Menschen einzusetzen.”  

“Die finanziellen Mittel von NGOs sind im Vergleich zu denen der Unternehmenslobby verschwindend gering, aber unsere Aufgabe ist es, die Interessen der Gesellschaft zu vertreten und ihre Grundrechte zu verteidigen. Das ist ein unverzichtbarer Teil des demokratischen Projekts. Die EU weiß das, deshalb gibt es diese Finanzierung überhaupt.” 

„Die Finanzierung von NGOs als das größte Problem der heutigen Demokratie darzustellen, wäre lachhaft, wenn es nicht so gefährlich wäre. Es zeigt, wie weit diejenigen, die diese Narrative vorantreiben, von den Krisen entfernt sind, mit denen wir konfrontiert sind.“ 

ENDE  

Weitere Informationen zum EU LIFE Programm und den entsprechenden Verträgen 

Der Nachrichtenbericht verweist auf „geheime Verträge“. Dabei handelt es sich lediglich um Fördervereinbarungen, also formelle Dokumente, die für die rechtmäßige Auszahlung der Mittel durch die Europäischen Kommission sorgen.  

In diesen Fördervereinbarungen sind die Bedingungen für die Auszahlung von EU-Mitteln festgelegt: Darin ist festgelegt, wie die Empfänger die Mittel verwenden dürfen und wie sie darüber Bericht erstatten müssen. Die LIFE-Fördervereinbarung enthält den von der Empfängerorganisation gestellten Finanzantrag, in dem auch dargestellt ist, welche Aktivitäten die jeweilige Organisation umsetzen wird (sog. “deliverables”).  Diese Leistungen werden von der jeweiligen Empfängerorganisation konzipiert und umgesetzt. Die Kommission gibt sie nicht von sich aus vor.  

Alle LIFE-Zuschussempfänger, das Verfahren für die Vergabe und die Kriterien sowie die Höhe der Finanzmittel werden auf der Website der Europäischen Kommission in ausführlicher Form veröffentlicht. 

Die Betriebskostenzuschüsse für Umwelt-NGOs und zivilgesellschaftliche Organisationen im Rahmen des LIFE-Programms belaufen sich auf 15,6 Millionen Euro pro Jahr, was 0,006% des EU-Haushalts entspricht. Dieser Bruchteil der EU-Ausgaben bringt einen enormen gesellschaftlichen Nutzen, indem er Klimaschutzmaßnahmen, nachhaltige Landwirtschaft, Naturwiederherstellung und eine bessere Luft- und Wasserqualität fördert. Die Betriebskostenzuschüsse für zivilgesellschaftliche Organisationen verstärken das Engagement von Bürger*innen und tragen zu einer wirksamen Umsetzung von EU-Politik und -Recht bei. Damit sind sie ein strategisches Instrument zur Verwirklichung der Umwelt- und Klimaziele der EU und stärken gleichzeitig das Vertrauen der Öffentlichkeit in das europäische Projekt.  

Pressekontakt: 

Johanna Famulok, jfamulok@clientearth.org, Tel: +4915111850351

 

Über ClientEarth – Anwälte der Erde

ClientEarth – Anwälte der Erde ist eine Nichtregierungsorganisation, die das Recht nutzt um die Erde und ihre Bewohner*innen zu schützen. Zusammen mit Bürger*innen und unseren Partnerorganisationen in Deutschland, Europa und weltweit arbeiten wir an Themen wie Klimawandel, Naturschutz und Umweltverschmutzung. Wir nehmen die Industrie und Regierungen in die Verantwortung, um das Leben auf der Erde und das Recht auf eine gesunde Umwelt zu schützen. Mit Büros in Europa, Asien und den USA setzen wir bestehendes Recht durch, unterstützen unterschiedliche Akteur*innen in Umweltverfahren und wirken bei der Gesetzgebung und der Entwicklung des Rechts mit. Wir streben eine nachhaltige und systematische Transformation an, denn eine Welt, in der Mensch und Planet gemeinsam gedeihen, ist nicht nur möglich – sie ist notwendig.