Pressemitteilung: Cottbus, 23.06.2022
Gericht prüft mangelhafte Vorkehrungen der LEAG für die Zukunft des Tagebaus Welzow-Süd
- Nach Ende eines Tagebaus sind Betreiber gesetzlich verpflichtet, das Gebiet wieder nutzbar zu machen und entstandene Umweltschäden zu beseitigen – der BUND Brandenburg und ClientEarth befürchten aber, dass die LEAG in Welzow-Süd die Kosten dafür nicht übernehmen wird.
- In einer mündlichen Verhandlung am 23.6.2022 prüft das Verwaltungsgericht Cottbus, ob der Hauptbetriebsplan für den Braunkohletagebau ausreichende Finanzmittel für die Wiedernutzbarmachung sicherstellt.
- Die Umweltorganisationen bezweifeln das und haben daher die Aufhebung des Betriebsplans beantragt, um eine Abwälzung der künftig anfallenden Lasten auf die Allgemeinheit – und damit insbesondere auf die Bevölkerung in der Region – abzuwenden.
Der Wasserhaushalt der Lausitz ist durch den Abbau von Braunkohle massiv gestört worden.[1] Es wird Jahrzehnte dauern, bis sich wieder normale Grundwasserverhältnisse einstellen. Zudem besteht ein Risiko der Gefährdung der Trinkwasserversorgung der Region durch Sulfateinträge aus den Tagebauen. „Dies wird sich nicht von selbst wieder einpendeln, sondern erfordert einen erheblichen Aufwand, ebenso wie die Rekultivierung der Tagebauflächen“, sagt Axel Kruschat, Geschäftsführer des Landesverbands Brandenburg vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „In dem von uns beklagten Betriebsplan finden sich dazu so gut wie keine Aussagen.“
„Der Verweis auf das zwischen dem Land Brandenburg und der LEAG vereinbarte Finanzierungskonzept ist nicht ausreichend. Es zeichnet sich immer mehr ab, dass der Betreiber nicht in der Lage sein wird, die Tagebaunachsorge ausreichend zu finanzieren. Vor allem im Lichte der offensichtlichen Liquiditätsprobleme der LEAG, die erst vor kurzem mit einem Milliardenkredit der Bundesregierung gestützt werden musste,[2] ist das höchst beunruhigend“, so Kruschat weiter.
„Sowohl im deutschen wie auch europäischen Umweltrecht gilt das Verursacherprinzip: Wer Umweltschäden verursacht, muss für die Kosten aufkommen“ unterstreicht Francesca Mascha Klein, Umweltjuristin im Berliner Büro von ClientEarth – Anwälte der Erde. „Die Behörden des Landes Brandenburg haben die Pflicht, dafür zu sorgen, dass dieses Prinzip gewahrt und die Umwelt geschützt wird. Wenn der Betriebsplan für den Tagebau in dieser Form Bestand hätte, käme das einem Freifahrtschein für ein Unternehmen gleich, dessen Tätigkeit mit erheblichen Umweltschäden einhergeht. Obwohl die LEAG massive Subventionen für angeblich veränderte Folgekosten aufgrund des Kohleausstiegsgesetzes erhält, steht auf der Kippe, ob die erforderliche Rekultivierung finanziert werden kann. Leidtragende sind die Steuerzahlenden, die für die fehlende Finanzierung einstehen müssten, sowie insbesondere die von den verursachten Umweltschäden und gesundheitlichen Gefahren betroffene Bevölkerung der Lausitz.“
Der BUND Brandenburg und ClientEarth sind daher der Ansicht, dass der Betriebsplan mit Blick auf die Kosten der Rekultivierung nachgebessert und ansonsten aufgrund seiner rechtlichen Mängel aufgehoben werden sollte. Zum Schutz der Region vor langfristigen Umweltschäden muss die LEAG Verantwortung übernehmen und sich bei ihrer Bergbautätigkeit an die geltenden Gesetze halten. Die Landesregierung muss im Interesse der Allgemeinheit nachsteuern und zusätzliche Sicherheitsleistungen für die Rekultivierung verlangen sowie volle Transparenz über die Vereinbarung mit der LEAG gewährleisten.
[1] Im Betriebsplan von Welzow-Süd ist die Förderung und Ableitung von bis zu 55 Mio. Kubikmeter Grundwasser pro Jahr bis 2035 vorgesehen.
[2] https://www.rbb24.de/studiocottbus/wirtschaft/2022/03/leag-kfw-foerderbank-kredit-milliarden-handelsblatt.html
ENDE
Hinweise an die Redaktion:
Betreiber von Tagebauen sind nach dem deutschen Bergrecht verpflichtet, ausreichende Vorsorge für die Rekultivierung nach Beendigung der Abbautätigkeit zu treffen. Im Falle des Braunkohletagebaus Welzow-Süd reicht nach Ansicht von BUND und ClientEarth die Vorsorgevereinbarung vom Juni 2019 zwischen dem Betreiber, der Lausitz Energie Bergbau AG (ein Unternehmen der LEAG-Gruppe), und dem Land Brandenburg keinesfalls aus, um dieser gesetzlichen Pflicht nachzukommen. Diese Vereinbarung sieht vor, dass die Kosten durch die Einzahlung in eine Zweckgesellschaft gedeckt werden sollen, die ab 2021 durch Einlagen der LEAG aufgefüllt wird. Bis 2033 soll so ein Vermögen von lediglich 770 Millionen Euro gebildet werden, obwohl sich die Kosten der Renaturierung sich nach Schätzungen des BUND auf ca. 3 bis 10 Milliarden Euro belaufen.[1]
Ein Betriebsplan für einen Tagebau kann laut § 55 Bundesberggesetz (BBergG) nur erteilt werden, wenn der anschließend notwendigen Rekultivierung in ausreichendem Maße Rechnung getragen wird und gemeinschädliche Einwirkungen ausgeschlossen sind. Das war zum Ausstellungszeitpunkt im Dezember 2019 für Welzow-Süd nicht der Fall. Eine Bewertung der Rekultivierungskosten durch die Behörde oder einen unabhängigen Gutachter ist nicht erfolgt. Ansparkonzept und Anlagerichtlinien für das vorgesehene Sondervermögen werden der Öffentlichkeit bislang vorenthalten. Zudem sind die zugrundeliegenden Annahmen über ausreichende Gewinne aus dem Braunkohleabbau bereits durch das Kohleausstiegsgesetz von 2020 ohnehin zweifelhaft. Ein Ausstiegsdatum bis 2030, wie es die neue Bundesregierung anstrebt, würde der Berechnung der LEAG erst recht jede ökonomische Grundlage entziehen.
[1] Laut Nachhaltigkeitsbericht 2021 der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) wird auf Seite 6 dargestellt, dass für die bisherige Nachsorge für die DDR Tagebaue ca. 13 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden mussten. Ein Ende der Nachsorge ist nicht abzusehen. Analog kann man die zu erwartenden Kosten für die Rekultivierung der Tagebaue ansetzen, die LEAG von Vattenfall übernommen hat.
Über ClientEarth – Anwälte der Erde
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