Pressemitteilung: 18.09.2025

Nestlé Polen wegen Greenwashing von Plastikflaschen verklagt

ClientEarth hat Klage gegen Nestlé Polen eingereicht, da sich auf den Plastikflaschen der polnischen Marke Nałęczowianka irreführende Behauptungen zur Recyclingfähigkeit finden. Die Marke gehört Nestlé, einem schweizerischen Konzern.  

Auf den Flaschen und Mehrstückpackungen von Nałęczowianka benutzt Nestlé Polen Slogans wie “Ich bin aus 100% recyceltem PET-Plastik hergestellt* (*gilt nicht für Verschluss und Etikett)”, “Ich wurde aus einer anderen Flasche hergestellt”, und “Ich bin recycelbar”. Nach Ansicht von ClientEarth erzeugen solche Slogans fälschlicherweise den Eindruck, dass Einwegplastik keine negativen Folgen für die Umwelt habe.  

ClientEarth verlangt von Nestlé Polen die Slogans nicht mehr zu verwenden und betont dabei, dass solche Praktiken gegen Verbraucherschutzgesetze verstoßen. ClientEarth und Nestlé haben vor der Klageerhebung Verhandlungen geführt, die aber zu keiner Einigung führten. Deshalb hat ClientEarth am 17. September 2025 die Klage gegen Nestlé Polen am Landgericht Warschau eingereicht.  


Das weltweite Plastik-Problem 
 

Plastik ist aktuell eine der größten Gefahren für die Umwelt. Weltweit werden jährlich etwa 460 Millionen Tonnen produziert, davon sind etwa zwei Drittel Einwegplastik und nur ein Bruchteil wird recycelt.  

Schätzungen zufolge wird global nur 9% allen Plastiks recycelt. In Polen wird nur 40,7% des Plastiks, das als Recyclingmüll entsorgt wird, tatsächlich recycelt – das zeigen Daten des Institute of Environmental Protection. Der Rest wird verbrannt, kommt in Deponien oder landet in der Umwelt, wo er Flüsse, Meere und Wälder verschmutzt und die Tierwelt und die menschliche Gesundheit bedroht.   

2000 Müllwagen voll Plastik werden jeden Tag in Ozeane, Flüsse und Seen dieser Welt geschüttet. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Plastikproduktion verdoppelt und bis 2060 wird mit einer Verdreifachung gerechnet, wenn keine Gegenmaßnahmen erfolgen, so die OECD. Im vergangenen Monat sind Verhandlungen über ein weltweites Plastikabkommen zum sechsten Mal in drei Jahren ergebnislos gescheitert, da große ölfördernde Staaten Recycling als Lösung durchsetzen möchten, statt die Plastikproduktion zu reduzieren.  

“Mülltrennung und Recycling sind lohnende Ansätze, um der Plastikkrise entgegenzuwirken, aber wir sollten nicht so tun, als wäre das bereits genug. Plastik ist ein Material, das nur sehr begrenzt recycelt werden kann, also landet es schnell in Müllhalden oder Verbrennungsanlagen. Recycling kann mit der Überproduktion von Einweg-Plastik in der ganzen Welt nicht Schritt halten. Um das Problem wirklich zu lösen, müssen die Produktion und Verwendung von unnötigem Plastik deutlich reduziert und möglichst schnell Mehrweglösungen eingeführt werden.”, betont Kamila Drzewicka, Juristin bei ClientEarth.  


Studie von 2024 zeigt, dass Verbraucher*innen durch Recycling-Behauptungen in die Irre geführt werden  

Eine im Juli veröffentlichte, von ClientEarth in Auftrag gegebene Studie des Meinungsforschungsinstituts Ipsos zeigt, dass Verbraucher*innen Kunststoffverpackungen grundsätzlich als umweltfreundlicher wahrnehmen, als sie tatsächlich sind.    

In Deutschland sagen 73% der Befragten, dass Plastikprodukte oder -verpackungen eine eher negative Wahl für die Umwelt, also umweltschädlich, sind. Gleichzeitig jedoch würden 71% von ihnen eher ein in Plastik verpacktes Produkt kaufen, wenn die Verpackung als „vollständig recycelbar“ gekennzeichnet ist (70%, wenn „enthält recycelten Kunststoff“ aufgedruckt ist). 80 % der Befragten glauben, dass Produkte und Verpackungen mit Recycling-Logos bei korrekter Entsorgung recycelt werden. 

Es ist jedoch erwiesen, dass Recycling Kunststoffe nicht umweltneutral machen kann, geschweige denn positiv für die Umwelt. Es gibt keinen wirklich kreislauffähigen Kunststoff. Der Recycling-Prozess verschlechtert kontinuierlich die Eigenschaften von Kunststoff, was echtes Recycling unmöglich macht.   

Recycling ist eine bessere Option als andere Abfallentsorgungsmethoden wie Verbrennung oder Deponierung, aber es kann die Verschmutzung durch Kunststoff nur verzögern, nicht stoppen. Den Verbraucher*innen wird vorgegaukelt, dass Recycling viel effektiver sei, als es tatsächlich ist. Nur 9 % des jemals hergestellten Plastiks wurden recycelt.   

Die Ipsos-Umfrage zeigt auch, dass überwältigende 80% der Befragten in Polen und Deutschland glauben, dass Produkte mit Recycling-Logos recycelt werden, wenn sie ordnungsgemäß entsorgt werden.   

Die „Recyclingfähigkeit“ einer Plastikwasserflasche wird jedoch auch durch die lokale Infrastruktur bestimmt, wenn sie in das Recyclingsystem gelangt, nicht nur durch die Flasche selbst. In der EU liegt die Recyclingquote für Plastikflaschen bei etwa 50%, wobei nur etwa 30% für die Herstellung neuer Flaschen verwendet werden und 20% zu anderen Produkten verarbeitet werden.  

Die Studie, die in Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Polen durchgeführt wurde, zeigt, wie Recycling-Angaben auf Kunststoffverpackungen die Verbraucher*innen zu der Annahme verleiten, dass Kunststoffprodukte umweltfreundlich seien.  


Der weltweite Kampf gegen Plastik-Greenwashing 

ClientEarth arbeitet konsequent daran, die schädlichsten Arten von Greenwashing zu unterbinden. Greenwashing sind Marketing-Strategien, die Verbraucher*innen fälschlicherweise glauben lassen, dass umweltschädliche Produkte umweltfreundlich seien. Das hat in den letzten Jahren zu einer Vielzahl von rechtlichen Verfahren geführt.  

2023 hat ClientEarth die europäische Verbraucherschutz-Organisation, BEUC, darin unterstützt, eine juristische Beschwerde gegen die Getränke- und Nahrungsmittel-Giganten Coca-Cola, Nestlé und Danone einzureichen. Die Unternehmen benutzen die irreführenden Behauptungen „100% recycelt“ und „zu 100% recyclebar“ auf Plastikflaschen, die in ganz Europa verkauft werden. Die Europäische Kommission hat danach verkündet, dass eine Einigung mit Coca-Cola erzielt wurde und irreführende Recycling-Behauptungen von den Plastikflaschen entfernt werden.  

Im letzten Jahr hat der Generalstaatsanwalt Kaliforniens ExxonMobil aufgrund seiner „seit Dekaden andauernden Täuschungskampagne“ zur Wirksamkeit von Plastik-Recycling verklagt. ExxonMobil ist der weltgrößte Produzent von Polymerharzen, die zur Produktion von Einwegplastik eingesetzt werden.  

ENDE

Hinweise an die Redaktion:

Alle Ergebnisse der Studie können hier eingesehen werden (englisch). Die Umfrage wurde von Ipsos im Auftrag von ClientEarth unter Verwendung der CAWI-Methode durchgeführt. Die Daten wurden zwischen dem 20. und 25. November 2024 erhoben. In der Studie wurden Menschen zwischen 18 und 65 Jahren befragt, dabei gab es für Polen, Großbritannien, Frankreich und Deutschland repräsentative Stichproben (PL n=502, GB=501, FR n=501, GER n=505).

Pressekontakt: 

Johanna Famulok, jfamulok@clientearth.org, +49 30 726211926

Über ClientEarth – Anwälte der Erde

ClientEarth – Anwälte der Erde ist eine Nichtregierungsorganisation, die das Recht nutzt um die Erde und ihre Bewohner*innen zu schützen. Zusammen mit Bürger*innen und unseren Partnerorganisationen in Deutschland, Europa und weltweit arbeiten wir an Themen wie Klimawandel, Naturschutz und Umweltverschmutzung. Wir nehmen die Industrie und Regierungen in die Verantwortung, um das Leben auf der Erde und das Recht auf eine gesunde Umwelt zu schützen. Mit Büros in Europa, Asien und den USA setzen wir bestehendes Recht durch, unterstützen unterschiedliche Akteur*innen in Umweltverfahren und wirken bei der Gesetzgebung und der Entwicklung des Rechts mit. Wir streben eine nachhaltige und systematische Transformation an, denn eine Welt, in der Mensch und Planet gemeinsam gedeihen, ist nicht nur möglich – sie ist notwendig.