Pressemitteilung: 31.07.2025
Verbraucher*innen werden durch Recycling-Behauptungen in die Irre geführt, wie heute veröffentlichte Studie zeigt
Eine heute veröffentlichte , von ClientEarth in Auftrag gegebene Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos zeigt, dass Verbraucher*innen Kunststoffverpackungen grundsätzlich als umweltfreundlicher wahrnehmen als sie tatsächlich sind.
Die Studie [1], die in Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Polen durchgeführt wurde, zeigt, wie Recycling-Angaben auf Kunststoffverpackungen die Verbraucher*innen zu der Annahme verleiten, dass Kunststoffprodukte umweltfreundlich sind.
Plastik ist überall. Jeden Tag werden so viel Plastik wie 2.000 Müllwagen in Meere, Flüsse und Seen der Welt gekippt. Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat sich die Plastikproduktion seit 2000 verdoppelt und wird sich bis 2060 voraussichtlich verdreifachen, wenn keine spürbaren Maßnahmen ergriffen werden.
Ergebnisse der Umfrage
Über 70 % der Befragten in allen untersuchten Ländern betrachten Kunststoffverpackungen als umweltschädlich.
In Deutschland sagen 73% der Befragten, dass Plastikprodukte oder -verpackungen eine eher negative Wahl für die Umwelt, also umweltschädlich, sind. Gleichzeitig jedoch würden 71 % von ihnen eher ein in Plastik verpacktes Produkt kaufen, wenn die Verpackung als „vollständig recycelbar“ gekennzeichnet ist (70%, wenn „enthält recycelten Kunststoff“ aufgedruckt ist). 80 % der Befragten glauben, dass Produkte und Verpackungen mit Recycling-Logos bei korrekter Entsorgung recycelt werden.
Diese Wahrnehmung entspricht aber leider nicht der Realität der Kunststoffverschmutzung und -produktion. Die weltweite Kunststoffproduktion hat sich seit dem Jahr 2000 verdoppelt und wird sich laut OECD bis 2060 voraussichtlich verdreifachen, wenn keine wesentlichen Maßnahmen ergriffen werden.
Kunststoffe werden aus fossilen Brennstoffen hergestellt. Während die Welt sich von fossilen Brennstoffen als Energiequelle abwendet, setzen Öl- und Gasunternehmen verstärkt auf Kunststoffe als wichtigen Markt.
Wenn Kunststoffprodukte mit den Etiketten „vollständig recycelbar“ oder „enthält recycelten Kunststoff“ versehen sind, werden sie von 65 % bis 72 % der Verbraucher als umweltfreundlich wahrgenommen.
Es ist jedoch erwiesen, dass Recycling Kunststoffe nicht umweltneutral machen kann, geschweige denn positiv. Es gibt keinen wirklich kreislauffähigen Kunststoff. Der Recycling-Prozess verschlechtert kontinuierlich die Eigenschaften von Kunststoff, was echtes Recycling unmöglich macht.
Recycling ist eine bessere Option als andere Abfallentsorgungsmethoden wie Verbrennung oder Deponierung, aber es kann die Verschmutzung durch Kunststoff nur verzögern, nicht stoppen. Den Verbraucher*innen wird vorgegaukelt, dass Recycling viel effektiver sei, als es tatsächlich ist. Nur 9 % des jemals hergestellten Plastiks wurden recycelt.
Die Ipsos-Umfrage zeigt auch, dass überwältigende 80 % der Befragten in Polen und Deutschland glauben, dass Produkte mit Recycling-Logos recycelt werden, wenn sie ordnungsgemäß entsorgt werden.
Die „Recyclingfähigkeit“ einer Plastikwasserflasche wird jedoch durch die lokale Infrastruktur bestimmt, wenn sie in das Recyclingsystem gelangt, nicht nur durch die Flasche selbst. In der EU liegt die Recyclingquote für Plastikflaschen bei etwa 50 %, wobei nur etwa 30 % für die Herstellung neuer Flaschen verwendet werden und 20 % zu anderen Produkten verarbeitet werden. Einige Flaschen werden beispielsweise zu Schalen oder Textilfasern verarbeitet und erreichen nach nur einem weiteren Zyklus das Ende ihrer Lebensdauer.
ClientEarth- Juristin Kamila Drzewicka sagte: „Diese Umfrage zeigt, wie irreführend Recycling-Angaben sein können. Etiketten, die Wiederverwertbarkeit und Nachhaltigkeit versprechen, gaukeln den Verbraucher*innen vor, dass Kunststoffverpackungen tatsächlich positiv für die Umwelt sind.”
"Dies verschleiert jedoch die bittere Realität, dass die meisten Kunststoffe auf Mülldeponien landen, verbrannt oder in der Natur entsorgt werden. Das bedeutet nicht, dass Recycling nutzlos ist, aber es bedeutet, dass wir nicht zulassen dürfen, dass Unternehmen das Recycling zu einer Lösung für Kunststoffverpackungen hochstilisieren.“
Vorgehen gegen irreführende Angaben
In den letzten Jahren haben sich die Klagen gegen irreführende Praktiken der Industrie gehäuft. Im Jahr 2023 unterstützte ClientEarth die EU-Verbraucherschutzorganisation BEUC bei der Einreichung einer Klage gegen die Lebensmittel- und Getränkeriesen Coca-Cola, Nestlé und Danone wegen der irreführenden Angaben „100 %“ recycelt“ und „100 % recycelbar” auf den in ganz Europa verkauften Plastikwasserflaschen. Die Europäische Kommission hat inzwischen bekannt gegeben, dass Coca-Cola einige seiner Kennzeichnungen ändern wird, um irreführende Angaben zum Recycling zu entfernen.
Im vergangenen Jahr hat der kalifornische Generalstaatsanwalt ExxonMobil wegen einer „jahrzehntelangen Täuschungskampagne“ über die Wirksamkeit des Kunststoffrecyclings verklagt. ExxonMobil ist der weltweit größte Hersteller von Harzen, die für Einwegplastik verwendet werden.
Auch Coca-Cola wurde in Frankreich wegen irreführender Geschäftspraktiken und Greenwashing während der Olympischen Spiele 2024 in Paris verklagt.
ENDE
Redaktionshinweis
[1] Alle Umfrageergebnisse finden Sie hier. Die Umfrage wurde von Ipsos im Auftrag von ClientEarth unter Verwendung der CAWI-Methode durchgeführt. Die Feldarbeit wurde zwischen dem 20. und 25. November 2024 durchgeführt. Die Studie richtete sich an Personen im Alter von 18-65 Jahren, mit einer national repräsentativen Stichprobe in Polen, Großbritannien, Frankreich und Deutschland (PL n=502, GB n=501, FR n=501, GER n=505).
Pressekontakt:
Johanna Famulok, Senior Communications Officer, jfamulok@clientearth.org , Tel. +49 30 726211926
Über ClientEarth – Anwälte der Erde
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