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Inselstaaten wollen Antworten: Klimawandel Thema vor internationalen Gerichten

Im Dezember 2022 hat eine globale Koalition kleiner Inselstaaten beim Internationalen Seegerichtshof (ISGH) in Hamburg ein wegweisendes Verfahren zum Klimawandel angestoßen. Damals erregte das angefragte Gutachten kaum Aufmerksamkeit, jetzt könnte der Fall einen Wendepunkt für Klimarecht und Schutzmaßnahmen markieren. Die Anhörungen vor dem ISGH finden vom 11. - 25. September 2023 statt und die Welt wird zusehen.

Das Rechtsgutachten ist das erste von drei parallelen Verfahren an unterschiedlichen internationalen Gerichtshöfen. Aktuell liegen zwei weitere Anträge jeweils beim Internationalen Gerichtshof und beim Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte vor, die ebenfalls darauf abzielen, die rechtlichen Verpflichtungen der Staaten in Bezug auf die Klimakrise zu klären.

Die Erwärmung der Ozeane und der Anstieg des Meeresspiegels sind eine Folge globaler Treibhausemissionen. Im aktuellen Verfahren beim ISGH soll in der Frage nach den Verpflichtungen von Staaten, Treibhausgasemissionen zu reduzieren und damit die Meeresumwelt zu schützen, Klarheit geschaffen werden. Der interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte soll wiederum prüfen, inwiefern und in welchem Umfang die Klimakrise in Menschenrechte eingreift, während der internationale Gerichtshof umfassend Klarheit darüber schaffen soll, welche Verpflichtungen das Völkerrecht vorschreibt, um den Schutz des Klimasystems und andere Teile der Umwelt zu sichern.

ClientEarth hat eine unabhängige Stellungnahme, die nicht Teil der offiziellen Verfahrensakte ist, beim internationalen Seegerichtshof eingereicht und wird die Anhörungen vor Ort begleiten sowie in den weiteren Verfahren Unterstützung anbieten.

Kann ein Rechtsgutachten des ISGH den Kampf gegen den Klimanotstand beeinflussen?

Kleine Inselstaaten als Klimapioniere

Prognosen zu den Auswirkungen des Klimawandels, insbesondere der Erwärmung der Ozeane und dem Anstieg des Meeresspiegels, sind allgegenwärtig. Für Inselstaaten sind sie jedoch schon jetzt bittere Realität.

Im März 2023 wurde Vanuatu innerhalb von 72 Stunden von zwei Wirbelstürmen der Kategorie vier heimgesucht – das erste Wetterereignis dieser Art. Die Inselbewohner*innen machen die Weltöffentlichkeit auf ihre Notsituation aufmerksam: Legendär war die Ansprache des Klimaministers von Tuvalu im Vorfeld der COP 27, bei der er, knietief im Wasser stehend, vor den Folgen des Klimawandels – und dem damit verbundenen Meeresspiegelanstieg – warnte.

Inselstaaten und -gemeinden aus aller Welt suchen inzwischen gerichtlichen Beistand. 2022 gewannen die Torres-Strait-Insulaner einen Präzedenzfall gegen Australien wegen klimabedingter Schäden an ihrem angestammten Land. Wir haben sie dabei mit unserer juristischen Expertise unterstützt. Wichtig zu bedenken: Die am stärksten vom Klimawandel betroffenen Inselnationen tragen im Vergleich zu den Industrienationen am wenigsten zu den globalen CO2-Emissionen bei.

Einige dieser Inselstaaten mit geringen Emissionen, die jedoch durch die Auswirkungen der Klimakrise und den steigenden Meeresspiegel besonders gefährdet sind, haben sich als Commission of Small Island States on Climate Change and International Law (COSIS) zusammengetan. COSIS wurde 2021 bei den internationalen Klimagesprächen in Glasgow gegründet und fordert die Klärung international geltenden Rechts zum Schutz der Meeresumwelt. Zu den Mitgliedern gehören neben Tuvalu auch Antigua und Barbuda, Palau, Niue, Vanuatu, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, St. Kitts und Nevis sowie die Bahamas.

Im Dezember 2022 reichte COSIS beim Internationalen Seegerichtshof (ISGH) in Hamburg einen wegweisenden Antrag ein. Der ISGH beaufsichtigt die Umsetzung eines nahezu weltweit geltenden UN-Übereinkommens zur Rechtsordnung für die Weltmeere. Der COSIS-Antrag ist einer von drei aktuellen Rechtsgutachten, die internationales Recht um das Themengebiet der Klimakrise und den Umgang mit ihren weltweiten Folgen erweitert sehen wollen

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Klimafragen – ungeklärte Punkte vor internationalen Gerichten

Die Klimakrise wirkt sich auf alle Bereiche des Lebens und des Rechts aus.
Seit Jahrzehnten sind kleine Inselstaaten Vorreiter für internationale Kooperationen im Rahmen der bestehenden internationalen Abkommen, insbesondere dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen und dem darauf fußenden Pariser Abkommen. Nun übernehmen diese Staaten auch die führende Rolle bei der Klärung völkerrechtlicher Verpflichtungen, um so die globalen Bemühungen zur Eindämmung der Klimakrise voranzutreiben.

Am 29. März 2023 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution. Durch sie wird nun das höchste Gericht der Welt, der Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag, um ein Gutachten zu Klimawandel und Menschenrechten ersucht.

Diese Initiative wurde von den Pacific Island Students Fighting Climate Change – aufgegriffen durch Vanuatu und mit Unterstützung der Bewegung World's Youth for Climate Justice – ins Leben gerufen. Dieses Ersuchen ist eine Aufforderung an den IGH, die staatlichen Pflichten für Klimaschäden und ihre Auswirkungen auf die Umwelt und auf die Menschenrechte heutiger und künftiger Generationen aufzuzeigen. Gleichzeitig soll der IGH auch die völkerrechtlichen Konsequenzen benennen, falls Staaten diesen Pflichten nicht nachkommen.

Im Januar 2023 ersuchten Kolumbien und Chile den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte um ein Gutachten: Es soll im Rahmen des von den Ländern des amerikanischen Kontinents unterzeichneten Menschenrechtsvertrags die Zuständigkeiten für Menschenrechtsverletzungen durch die Klimakrise klären. Dieser Prozess wird nicht nur bei den jeweiligen Regierungen auf Interesse stoßen, denn auch Nichtregierungsorganisationen haben die Möglichkeiten, Einreichungen an den Gerichtshof zu machen.

Zeitgleich mit der Verabschiedung des Vanuatu-Beschlusses begann der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erstmals mit der Prüfung ähnlicher Anfragen, unter anderem von einer Gruppe Schweizer Seniorinnen und einem französischen Staatsbürger. Im Schweizer Fall hat ClientEarth eine unterstützende Intervention eingereicht (Amicus Curiae). Der Fall wirft neue und wichtige Fragen zur Auslegung der gesetzlichen Pflichten der Schweiz zur Reduzierung ihrer Emissionen sowie deren negativen Auswirkungen für ältere Menschen auf.

Rechtsklarheit schaffen, das ist auch das Ziel von COSIS.
Ein zukunftsweisendes Gutachten könnte klären, dass die laut internationalem Seerecht bestehende Notwendigkeit die Meeresumwelt zu schützen und Verschmutzung zu reduzieren, auch die Pflicht zur Reduzierung von klimaschädlichen Emissionen bedeutet.

Was hat das Seerecht mit dem Klimawandel zu tun?

Die Klimakrise hat erhebliche negative Auswirkungen auf die Weltmeere - u.a. Versäuerung, Meeresspiegelanstieg und Erwärmung. Unsere Ozeane sind große Kohlenstoffsenken und absorbieren riesige Mengen Kohlendioxid, verursacht u.a. durch Landwirtschaft, Industrie und Verkehr. Doch der momentane Überschuss führt zu einem Anstieg der Meerestemperaturen und belastet damit das gesamte Ökosystem über und unter Wasser.

Aus diesem Grund sucht COSIS nach Antworten auf die staatlichen Verpflichtungen im Rahmen des Seerechts: Gilt das staatliche Versäumnis, Treibhausgasemissionen und die daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf die Meeresumwelt zu begrenzen, als Verstoß gegen das Seerecht? Und müssen Staaten somit Maßnahmen zur Eindämmung dieser Schäden ergreifen? Ein Gutachten zu dieser Frage würde einen für die Klimakrise wichtigen Rechtsbereich erschließen. Denn noch sind die staatlichen Pflichten hier unklar. Das ist angesichts der Tatsache, dass die Weltmeere über 70 Prozent der Erdoberfläche bedecken, erstaunlich.

"Die Staaten ergreifen, je nach den Umständen einzeln oder gemeinsam, alle mit diesem Übereinkommen übereinstimmenden Maßnahmen, die notwendig sind, um die Verschmutzung der Meeresumwelt ungeachtet ihrer Ursache zu verhüten, zu verringern und zu überwachen; sie setzen zu diesem Zweck die geeignetsten ihnen zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend ihren Möglichkeiten ein und bemühen sich, ihre diesbezügliche Politik aufeinander abzustimmen.”
Artikel 194 Absatz 1, Seerechtsübereinkommen.

Seerechtsgutachten – Wendepunkt in der internationalen Klimapolitik?

Die Kommission der kleinen Inselstaaten hat den ISGH am 12. Dezember 2022 um ein Gutachten ersucht. Der erste Schritt war die Einreichung schriftlicher Erklärungen durch die Vertragsstaaten und die eingeladenen zwischenstaatlichen Organisationen bis zum 16. Juni 2023.

32 Länder, die Europäische Union und neun zwischenstaatliche Organisationen, darunter COSIS, die Afrikanische Union und die International Union for the Conservation of Nature, haben sich zu den Fragen über die oben genannten Verpflichtungen hinsichtlich der Klimakrise geäußert.

ClientEarth sowie acht weitere zivilgesellschaftliche Organisationen und die UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Klimawandel, Giftstoffe und Menschenrechte sowie Menschenrechte und Umwelt haben Stellungnahmen beim Seegerichtshof eingereicht. Diese sind zwar nicht Teil der offiziellen Verfahrensakte, können jedoch von Staaten für ihre eigene Einreichung genutzt werden. Die Einreichung von ClientEarth ist eine aktualisierte Version unseres zuvor veröffentlichten rechtlichen Briefings.

Ein Gutachten des Tribunals, das die Notwendigkeit der Minderung von Treibhausgasen zur Vermeidung von Schäden an der Meeresumwelt bestätigt, könnte die im Rahmen des Pariser Abkommens eingegangenen Klimaschutzverpflichtungen durchsetzen.

Die Anhörungen laufen bis zum 25. September 2023. Neben COSIS nehmen 37 Staaten und zwischenstaatliche Organisationen teil. Auch ClientEarth ist vor Ort,

Stehen wir vor weiteren Durchbrüchen im Klimarecht?

Nationale und internationale Gerichte werden immer häufiger aufgefordert, staatliche Verpflichtungen zur Eindämmung der Klimakrise gesetzlich klar zu definieren. Je deutlicher die Auswirkungen und Folgen der Klimakrise, insbesondere für Inselstaaten und andere am stärksten gefährdete Gruppen und Orte, desto deutlicher werden auch die Rufe nach Rechtsklarheit.

Die sich zuspitzenden Klimaverhältnisse und die verstärkten Bemühungen mehr Rechtsklarheit zu schaffen könnten 2023 zu einem Jahr machen, in dem Klimaschutz auf internationaler Ebene einen bedeutenden Schritt nach vorn macht. Noch weitergehend könnte das gesamte internationale Umweltrecht durch die drei Gutachten, durch die Dutzende Stellungnahmen und hunderte Artikel zum Thema vor einem revolutionären Wandel stehen.

Lesen Sie zu diesem Gutachten das rechtliche Briefing von ClientEarth.

Historische Anhörungen vor dem Internationalen Seegerichtshof