Pressemeldung: 24 November 2021

ClientEarth kritisiert Unsicherheiten im Kohleausstiegsplan der neuen Bundesregierung

Jurist*innen der Umweltrechtsorganisation ClientEarth haben die Ankündigung der neuen Regierungskoalition begrüßt, dass Deutschland auf einen Kohleausstieg bis 2030 hinarbeiten wird – acht Jahre früher als bisher geplant.

Im Text des Koalitionsvertrags heißt es allerdings nur, dass Deutschland „idealerweise“ 2030 aus der Kohle aussteigen wird – ohne klar zu machen, ob ein früherer Ausstieg gesetzlich verankert oder über den CO2-Preis bewirkt werden soll. Aus klimawissenschaftlicher Sicht ist ein Kohleausstieg innerhalb der EU bis spätestens 2030 erforderlich.

Das Ziel steht zudem unter dem Vorbehalt, dass die Energieversorgung gesichert sein muss, damit der Ausstieg bis 2030 vollzogen werden kann.

Hermann Ott, Leiter des Berliner Büros von ClientEarth, sagt: „Es ist zwar zu begrüßen, dass die künftige Regierung einen Ausstieg aus der Kohle 2030 anstrebt. Dies stellt aber keinen Durchbruch dar, sondern ist im Grunde nur eine offizielle Anerkennung der wirtschaftlichen und klimatischen Realität. Die eigentliche Frage ist nun, ob die neue Regierungskoalition wirklich die richtigen rechtlichen Regeln und wirtschaftlichen Anreize schaffen wird. Denn es muss sichergestellt werden, dass wir den Gesamtenergieverbrauch senken und Deutschland mit erneuerbarer Energie versorgen können, ohne unseren Planeten zu opfern. Wenn der Kohleausstieg 2030 von der Versorgungssicherheit abhängt, dann ist es an der Zeit, sich ernsthaft darum zu kümmern, dass eine Versorgung aus erneuerbaren Energiequellen sichergestellt ist.

„Das bedeutet, dass wir uns nicht von Gas abhängig machen dürfen – das wäre aus Klimasicht katastrophal. Die neue Regierung muss sich offensiv für intelligente Wege der Nachfragesteuerung und Effizienzmaßnahmen sowie für den Ausbau wirklich sauberer Energie einsetzen –  und darf sich nicht auf eine 20-jährige ‚Affäre‘ mit einem anderen fossilen Brennstoff einlassen.“

Der Koalitionsvertrag wirft auch die Frage auf, ob der neue Plan der Regierung zu Klagen von Kohleunternehmen führen könnte, die sich durch den geänderten Zeitplan benachteiligt fühlen.

Die Kohleunternehmen RWE und Uniper haben die Niederlande in diesem Jahr bereits auf der Grundlage des Energiechartavertrags (ECT) wegen des geplanten Kohleausstiegs verklagt. Während der öffentlich-rechtliche Vertrag mit den Braunkohlebetreibern die deutsche Regierung eigentlich vor solchen Klagen schützen soll, könnten einzelne Aktionäre bisher wenig beachtete Schlupflöcher in diesem Vertrag nutzen, um solche Klagen einzureichen. Und das, obwohl der ECT innerhalb Europas dafür eigentlich nicht mehr als Grundlage dienen darf.

Ott weiter: „Wenn der frühere Ausstieg über eine Änderung des Kohleausstiegsgesetzes umgesetzt wird, muss der bestehende Vertrag mit den Braunkohlebetreibern geändert werden. Wir werden diesen Prozess sehr aufmerksam begleiten. Eines ist jedoch sicher: Die Einigung auf einen Kohleausstieg 2030 war absehbar. Unternehmen dürften noch weniger überrascht sein als alle anderen.

„Diese Regierung hat den Auftrag, eine saubere Energiezukunft aktiv zu gestalten, und wir brauchen jedes Unternehmen, das sich daran beteiligt.“

Der heute veröffentlichte Koalitionsvertrag sagt auch, dass die Regierung nicht beabsichtigt, mehr „Entschädigung“ an die deutschen Kohleunternehmen zu zahlen als bisher geplant. Die deutsche Regierung wartet immer noch auf die Entscheidung der Europäischen Kommission, ob die 4 Milliarden Euro, die den Braunkohleunternehmen für den vorherigen Stilllegungsplan versprochen wurden, als staatliche Beihilfe genehmigt werden können.

ENDS