Pressemitteilung: 8. Juni 2023

Subventionen für Gas-Terminals: Steuermilliarden heizen das Klima an

  • Die Bundesregierung plant weiterhin mit übertrieben hohen Kapazitäten für fossiles Flüssiggas und will im Zeitraum 2022-38 fast zehn Milliarden Euro in LNG-Terminals investieren.
  • Alleine das landgebundene LNG-Terminal in Brunsbüttel soll mit 500 Millionen Euro gefördert werden - die Umweltjurist*innen von ClientEarth bezweifeln, dass sich das mit dem EU-Beihilferecht vereinbaren lässt.
  • In einem Brief erläutern sie ihre Bedenken der EU-Kommission, die aktuell die Rechtmäßigkeit dieser klimafeindlichen Subvention prüft.

Die derzeitigen Pläne der Bundesregierung für neue Flüssiggas-Infrastruktur in Deutschland übersteigen deutlich den Bedarf, der sich aus den derzeit bekannten seriösen Modellrechnungen ergibt. Nicht nur wurde mit dem LNG-Beschleunigungsgesetz die verfassungsrechtlich zweifelhafte Möglichkeit geschaffen, neue Anlagen ohne gründliche Prüfung von Auswirkungen auf Umwelt, Mensch und Klima zu genehmigen – die deutschen Steuerzahler*innen sollen diese klimaschädliche Technologie auch großzügig mitfinanzieren. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz beziffert die Kosten für fünf der staatlich betriebenen LNG-Terminals für den Zeitraum 2022-2038 auf bis zu 9,7 Milliarden Euro. Allein das geplante Terminal in Brunsbüttel soll mit rund 500 Millionen Euro über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bezuschusst werden – die Zulässigkeit dieser Förderung wird derzeit von der Europäischen Kommission geprüft.

„Staatliche Subventionen im Energiesektor sind im EU-Recht an klare Bedingungen geknüpft. Beim fossilen Terminal Brunsbüttel wird Deutschland wohl kaum überzeugend begründen können, dass die erhofften Vorteile die negativen Folgen der Förderung für den Wettbewerb überwiegen“, erläutert ClientEarth-Umweltjuristin Francesca Mascha Klein. „Damit Gas-Infrastruktur gefördert werden darf, müsste sie einen Beitrag zum Erreichen der EU-Klimaziele leisten. Sie muss auch für die Verwendung mit Wasserstoff geeignet sein oder darf zumindest zu keinem Lock-In-Effekt – also einer dauerhaften Abhängigkeit von einer fossilen Technologie – führen. All diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Wir gehen daher davon aus, dass die Bundesregierung sich bei der geplanten Förderung des LNG-Terminals in Brunsbüttel gründlich verkalkuliert hat.“

Landgebundene Anlagen, wie in Brunsbüttel geplant, werden neben den vorübergehend nutzbaren schwimmenden Terminals für die deutsche Gasversorgung gar nicht benötigt. Vielmehr erhöht deren Bau erheblich die Abhängigkeit Deutschlands von fossilem Gas und steht somit im Widerspruch zu den gesetzlichen Klimazielen. Auch dass das Terminal in Brunsbüttel erst 2026 in Betrieb gehen soll, macht es nicht dafür geeignet kurzfristig Gasengpässe zu überbrücken.

„Die teure und unverantwortliche LNG-Offensive der Bundesregierung führt angesichts der Klimakrise und den globalen Umweltauswirkungen der Gasförderung in eine energiepolitische Sackgasse“, so Klein weiter. „Dass das Terminal in Brunsbüttel jemals für eine klimafreundliche Nutzung umgerüstet werden kann, ist unter technischen und finanziellen Gesichtspunkten äußerst zweifelhaft. Diese Subvention ist daher ein unnötiges Millionengeschenk an die fossile Industrie und setzt das Erreichen der Klimaziele ohne Not aufs Spiel. Das Geld fehlt dann für die dringend benötigte sozial-ökologische Transformation. Dieser Kurs steht nicht nur im Widerspruch zum verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern, sondern auch zu den beihilferechtlichen Regeln der EU. Wir haben unsere Bedenken mit der Europäischen Kommission geteilt und rechnen in Kürze mit einer Entscheidung.“

Hintergrund:

Ein im April 2023 veröffentlichtes Rechtsgutachten von Green Legal Impact (GLI) und ClientEarth zeigt erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken am LNG-Beschleunigungsgesetz vom Mai 2022 auf. Die Autorinnen gehen davon aus, dass die Bedarfsfeststellung in § 3 S. 2 LNGG in Verbindung mit weiteren Regelungen des LNGG künftige grundrechtlich geschützte Freiheitsrechte gefährden werden, indem sie das CO2-Restbudget irreversibel zu verkleinern drohen. Gute Argumente sehen die Umweltrechtsexpert*innen zudem dafür, dass der Gesetzgeber durch das LNGG seine grundrechtlichen Pflichten verletzt hat, national wie international auf die Reduktion von Treibhausgasen hinzuwirken.

Über ClientEarth – Anwälte der Erde

ClientEarth – Anwälte der Erde ist eine Nichtregierungsorganisation, die das Recht nutzt um die Erde und ihre Bewohner*innen zu schützen. Zusammen mit Bürger*innen und unseren Partnerorganisationen in Deutschland, Europa und weltweit arbeiten wir an Themen wie Klimawandel, Naturschutz und Umweltverschmutzung. Wir nehmen die Industrie und Regierungen in die Verantwortung, um das Leben auf der Erde und das Recht auf eine gesunde Umwelt zu schützen. Mit Büros in Europa, Asien und den USA setzen wir bestehendes Recht durch, unterstützen unterschiedliche Akteur*innen in Umweltverfahren und wirken bei der Gesetzgebung und der Entwicklung des Rechts mit. Wir streben eine nachhaltige und systematische Transformation an, denn eine Welt, in der Mensch und Planet gemeinsam gedeihen, ist nicht nur möglich – sie ist notwendig.