2024 und 2025 wird das Klima vor den größten internationalen Gerichten verhandelt.
Gerichtsprozesse als Mittel zur Bewältigung der Klimakrise werden immer häufiger und in vielen Ländern der Welt geführt. Im Jahr 2024 und 2025 werden Verpflichtungen zum Klimaschutz das erste Mal auch an internationalen Gerichten verhandelt.
Viele Staaten, die an vorderster Front der Klimakrise stehen, haben angesichts zunehmender Klimaschäden und langsamer Fortschritte auf internationalen Klimakonferenzen wie der COP schnellere und stärkere Klimaschutzmaßnahmen gefordert. Sie wenden sich nun an die höchsten internationalen Gerichte, um Antworten, Entscheidungen und Stellungnahmen zu erhalten, die ihnen dabei helfen, die Staats- und Regierungschef*innen der Welt dazu zu bewegen, wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen.
Wir beobachten aktuell die drei großen internationalen Verfahren, die alle richtungsweisend für Klimagerechtigkeit sein können. Bereits im letzten Jahr hat der Internationale Seegerichtshof (ITLOS) sein Gutachten veröffentlicht und klar gemacht: Staaten müssen Emissionen reduzieren, um Meere zu schützen!
Im Juli dieses Jahres folgte der Interamerikanische Gerichtshof (IACHR) und forderte ebenfalls, dass Regierungen mehr zur Bewältigung der Klimakrise tun müssen.
Das Gutachten von dem Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte (IGH) steht noch aus und wird ebenfalls in diesem Sommer erwartet.
ClientEarth unterstützt wo möglich juristische Stellungnahmen an die Gerichtshöfe, nimmt an Anhörungen teil und unterstreicht die Forderungen nach mehr Klimaschutz als starke zivilgesellschaftliche Stimme.
Auf dieser Seite finden Sie wichtige Informationen und Hintergründe zu diesen Fällen, die in 2024 und 2025 verhandelt werden.
Was sind internationale Gerichtshöfe?
Es gibt verschiedene internationale Gerichte und Gerichtshöfe. Der wichtigste ist der Internationale Gerichtshof (IGH), das einzige internationale Gericht, das allgemeine Streitfälle zwischen Staaten entscheidet und Gutachten zu internationalen Rechtsfragen abgibt. Er ist eines der sechs Organe der UNO und hat seinen Sitz in Den Haag, Niederlande.
Es gibt noch viele andere, darunter den ITLOS (Internationaler Seegerichtshof), der durch das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen gegründet wurde, und den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte (IACHR), das die Amerikanische Menschenrechtskonvention überwacht und völlig unabhängig von den Vereinten Nationen ist.
Was ist ein Rechtsgutachten und was kann es bewirken?
Ein Rechtsgutachten ist eine rechtliche Beurteilung, Äußerung oder Klarstellung zu Fragen des Völkerrechts, die der Internationale Gerichtshof gemäß Artikel 96 der UN-Charta den Vereinten Nationen oder einer Sonderorganisation erteilt.
Ein Rechtsgutachten setzt einen Standard und einen Präzedenzfall, auf dem internationales Recht aufgebaut werden kann – die Einholung eines solchen Gutachtens kann der Beginn einer positiven Entwicklung der internationalen Rechtssysteme sein.
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Die drei großen internationalen Gerichtsverfahren:

Kleine Inselstaaten: ITLOS-Gutachten
Eine Kommission kleiner Inselstaaten aus der ganzen Welt (COSIS) hat den Gerichtshof in Hamburg um ein Gutachten ersucht, das die Verpflichtungen der Länder zum Schutz der Meeresumwelt vor den negativen Auswirkungen der durch Menschen verursachten Treibhausgasemissionen definieren soll.
Am 21. Mai 2024 hat das Gericht seine Stellungnahme veröffentlicht: Staaten sind verpflichtet, ihre Emissionen zu reduzieren, um die Ozeane zu schützen.
Schon dieses erste der drei internationalen Rechtsgutachten zeigt eine wegweisende Richtung auf: Klimaschutzmaßnahmen müssen in vielen Fällen über das Pariser Klimaabkommen hinausgehen, um die rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten. Dabei müssen Staaten mit der größten historischen Verantwortung für die Klimakrise auch mehr tun, um Emissionen zu mindern.

Chile und Kolumbien: IACHR-Gutachten
Chile und Kolumbien haben den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte um ein Gutachten gebeten, um zu klären, welche Verpflichtungen die Staaten im Rahmen der Menschenrechte haben, um auf die Klimakrise zu reagieren.
Dieses Gericht erlaubt die Beteiligung von NGOs und hat ClientEarth ermöglicht, bei den mündlichen Anhörungen zu sprechen sowie eine schriftliche Stellungnahme einzureichen.
Am 3. Juli 2025 hat der Gerichtshof sein wegweisendes Gutachten veröffentlicht:
Er stellte unmissverständlich fest, dass Staaten mehr tun müssen, um der Klimakrise zu begegnen, indem sie z.B. die Emissionen von Unternehmen regulieren und überwachen. Erstmals verpflichtete ein internationales Gericht die Staaten auch dazu, aktiv gegen Klimadesinformation vorzugehen.
Die generationenübergreifende Dimension der Klimakrise wurde besonders betont: Heutige und künftige Generationen werden stärker betroffen sein und mehr Maßnahmen ergreifen müssen.
Diese Entscheidung fällt kurz vor dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) und nur wenige Monate vor der COP30 in Brasilien, wo die Klimabewegung den Druck auf Regierungen weiter erhöhen wird.

Vanuatu: IGH-Gutachten
Infolge der Bemühungen der Republik Vanuatu und der Pacific Islands Students Fighting Climate Change hat die UN-Generalversammlung den Internationalen Gerichtshof der Vereinten Nationen um ein Rechtsgutachten zu den Verpflichtungen der Länder der Welt im Zusammenhang mit dem Klimawandel gebeten.
Vom 2. - 13. Dezember 2024 fanden in Den Haag, Niederlande, die Anhörungen statt.
Eine beispiellose Zahl von Staaten und internationalen Organisationen legte Stellungnahmen vor. Auch wir haben eine schriftliche Stellungnahme abgegeben, die zwar offiziell nicht vom Gericht berücksichtigt werden durfte, aber ein wichtiges Zeichen für die Inklusion der Zivilgesellschaft in Gerichtsverfahren von dieser Bedeutung setzen sollte.
Wir erwarten das offizielle Rechtsgutachten Ende Juli 2025.
Rechtsgutachten wie diese bringen uns einen Schritt näher daran, Regierungen in ihren nationalen Gerichtssälen für den Klimawandel zur Rechenschaft zu ziehen – und nun liegt es an der Zivilgesellschaft und Rechtsvertretern überall, dieses neue Instrument zu nutzen.Lea Main-Klingst, Juristin für Völkerrecht bei ClientEarth,

